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Wir waren Helden

Wir waren Helden

 

Vorstellung der Figuren

Colonel Murdock, Kommandant des 209. Airborne Platoon

Cliff E. Murdock, geboren 1906 in Indianapolis, Indiana. Nach seinem Schulabschluss ging Cliff sofort in die Army, um in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, der schon im ersten Weltkrieg gekämpft hatte. Schon nach wenigen Jahren wurde er Gruppenführer verschiedener Einheiten. 1939, kurz vor Kriegsbeginn, wurde er dann als Kommandant für das 209. Fallschirmjäger Platoon eingeteilt.

 

Captain O'Ranald, Führer der Gruppe „Angel“ im 209. Airborne Platoon

Troy F. O'Ranald, geboren 1906 in Lexington, Nebraska. Da dem jungen Troy schon während seiner Teenager-Zeit das Fallschirmspringen gefiel, ging er 1935 zur Army um den Fallschirmjägern beizutreten. Das er jemals in einen Krieg verwickelt wird, dachte er nie.

 

Sargeant Wood, Assistenz-Gruppenführer „Angel“ im 209. Airborne Platoon

Daniel A. Wood, geboren 1909 in Muskogee, Oklahoma. Auf Wunsch seines Großvaters, der seinem Enkel Daniel sagte, das er es nie zu was brachte, ging der junge Daniel zur Army. Schon nach kurzer Zeit war er Sargeant, und behielt diesen Dienstgrad auch bis 1939 am Kriegsanbruch.

 

Private First Class Gibbs, Funker in der Airborne-Gruppe „Angel“

Merle J. Gibbs, geboren 1919 in Pakersburg, West Virginia. Merle war der Klassenbeste zum Abschluss, und nimmt bald den Manager-Posten einer Autobaufirma ein. Bis dahin ist er allerdings zur Army eingezogen, und da sein Vater ein einflussreicher Mann war, konnte er ihm einen Platz bei den Airbornes verschaffen.

 

Private First Class Smithers, Gewehrschütze in der Airborne-Gruppe „Angel“

Jack E. Smithers, geboren 1919 nahe Pakersburg, West Virginia. Smithers ging mit Gibbs in eine Abschlussklasse, er folgte ihm freiwillig zur Army. Die beiden sind sehr eng befreundet und sind meistens nur zusammen zu sehen. Smithers ist ein schüchterner, aber wenn es drauf ankommt ein sehr ernst zu nehmender Soldat.

 

Private First Class Conti, Scharfschütze in der Airborne-Gruppe „Angel“

Antonio A. Conti, geboren 1921 in Monteggrioni, Italien. Um seiner Familie und allen anderen zu beweisen, das er Amerikaner ist, ging er zu Kriegsbeginn freiwillig zur Army. Da seine tempramentvollen Taktiken schon bald einen First Class-Stecker einbrachten, landete er bei der 209. als Fallschirmjäger. Später will er zuhause in Arizona das italienische Restaurant seines Vaters übernehmen.

 

Private Wollgomate, Sanitäter in der Airborne-Gruppe „Angel“

John N. Wollgomate, geboren 1910 in Atlantic City, New Jersey. John ist etwas älter als alle anderen Mitglieder der Gruppe, ist aber doch sehr beliebt, vor allem weil er seinen Sanitäter-Job furchtlos ausführt. Später wird er dafür berühmt, das er einen verletzten Kameraden direkt unter Sperrfeuer aus der Gefahrenzone trägt.

 

Private Griz, Gewehrschütze in der Airborne-Gruppe „Angel“

Lewis D. Griz, geboren 1925 in Chicago, Illinois. Der jüngste der Gruppe, Griz, wurde unfreiwillig in die Army eingezogen und der 209. zugeteilt. Er kann Krieg nicht ausstehen, und ist deshalb auch als der „Verweigerer“ in der Gruppe bekannt. Mehr als oft stellt er Befehle in Frage und würde manchmal am liebsten sein Gewehr wegwerfen und querfeldein nach Hause laufen.

 

Kapitel 1 – 3-1-3

Nervös kaute Sargeant Wood vor sich hin. Die Patronenhülse, auf der er nun schon zehn Minuten herumkaute, hatte ihre Form schon längst verloren und kratzte an den Zähnen. Doch er hörte damit nicht auf, das Kauen war so beruhigend. Alle 30 Sekunden sah er nach seiner Munition, er wollte keinesfalls unvorbereitet auf die Deutschen treffen. Da saßen die Männer, alle auf den Sitzen. O'Ranald, er selbst, Gibbs, Smithers, Conti, Wollgomate und Griz. Schließlich schnappte Wood einmal tief nach Luft, spuckte die Hülse aus dem Flugzeug heraus und stand auf. Captain O'Ranald stellte sich neben ihn. Die Instruktionen waren fällig. Der Captain fing mechanisch an zu schreien, um die Flugzeugmotoren zu übertönen: „Munition und Ausrüstung überprüfen. Ganz besonders die Fallschirme. Der Wind ist zu stark für einen gemeinsamen Sprung, wir springen getrennt ab. Wir bilden zwei Teams, Wood führt Conti und Griz. Wollgomate, Smithers und Gibbs, ihr springt in meine Richtung. Wir treffen uns bei Position 3-1-3, an den Bahngleisen von den Höfen vor Cauquigny. Alles klar soweit?“ Alle nickten kurz entschlossen, hoben ihre Faust und schrien bestätigend: „Hoah!“ Wood starrte Griz an. Griz wippte nervös auf dem Sitz vor und zurück. Er wollte nicht kämpfen. Er wollte wieder heim, er wollte keine Deutschen töten. Der Captain stieß Wood kurz in den Arm: „Noch was zu sagen, Sarge?“ Wood schwieg. Ihm fiel nichts ein. Also nickte der Captain und stellte sich an die offene Tür, neben die Sprungampel. Nocheinmal zog Sargeant Wood sein Magazin aus der Thompson und zählte die Kugeln. Wie oft er die Munition nun schon zählte, wusste er nicht. Aber er wollte es oft genug tun. Griz war nun sogar kurz davor, zu hyperventilieren. Der einzige Gedanke in seinem Kopf: Er wollte heim. Wood keifte ihn an: „Junge! Überprüf' deine Ausrüstung!“ Griz sah ihn nur kurz an, wippte dann wieder auf seinem Stuhl weiter. Er realisierte das nicht. Hier war er, im Krieg aller Kriege, in Europa, um gegen die Deutschen zu kämpfen. Alle anderen standen auf, stellten sich in der angesagten Reihenfolge in einer Schlange hinter dem Captain an. Griz schaukelte immernoch auf seinem Stuhl. Wood verzog nur kurz das Gesicht, packte ihn unter dem Arm und stellte ihn in die Reihe. Jetzt erst wurde Griz bewusst, das er keine andere Wahl hatte. Gibbs kramte nach einer schwarzen, ledernen Vorrichtung, mit der er seine Brille beim Hinterkopf am Helm fixieren konnte. Womöglich verlor er sie sonst noch beim Sprung. Dann holte auch er tief Luft. Und dann... der magische Moment. Die Ampel sprang auf Grün, Wood holte tief Luft, und sah zu, wie der Captain aus dem Flieger sprang. Sein Team hinterher. Dann sprang Wood, dicht gefolgt von seinem Team. Er genoss das Gleiten durch die Lüfte. Er steuerte die Bahngleise an, die zu sehen waren. Doch er verschätzte sich im Wind, geradewegs flog er mit dem Schirm in einen Heuhaufen. Nach einem kurzen mürrischen Grummeln, und der Hoffnung, dass das keiner beobachtet hatte, grub er sich aus dem Heuhaufen und lud seine Thompson durch. Oben wurden die Flieger abgeschossen, immer wieder stürzten einige ab. Als der Sarge sich umsah, wurde ihm mulmig - Wo war der Captain? Wo war sein Team? War er zu früh, zu spät oder gar falsch gesprungen? Dann nahm er allerdings vom Wald eine winkende Hand war. Jemand zischte ihm zu: „Sarge! Da sind sie ja!“ Diese Stimme gehörte Conti. Der leicht italienische Akzent war nicht zu verwechseln. Conti zog seinen Helm nach oben und blickte sich dann um: „Wo ist Griz?“ Wood presste die Lippen zusammen und überlegte, was sie tun sollten. Vielleicht hatte Griz den Sprung nicht überlebt. Er hatte schließlich seine Ausrüstung inklusive Schirm nicht überprüft. Als er das Conti sagte, sorgte dieser sich nicht allzu sehr und meinte besonnen: „Vielleicht mag er Krieg nicht, aber er ist ein guter Mann. Den kriegt man nicht so schnell tot.“ Der Sarge schnalzte mit der Zunge, symbolisierte Conti, ihm zu folgen und meinte: „Wir suchen ihn.“ Mit einem leichten grinsen hob Conti sein Springfield-Scharfschützengewehr und sprintete Wood hinterher. Unter einer Eiche suchten sie Deckung, beobachteten aufmerksam die Gegend. Plötzlich knackste es über ihnen, und Conti sah hinauf. Plötzlich fing er an lauthals zu lachen und tippte den Sarge an. Als dieser nach oben sah, konnte er sich ein breites Grinsen auch nicht verkneifen. Griz hatte sich mit dem Fallschirm im Baum verheddert, er hing fest. Er sah die beiden flehend an und meinte: „Jede Hilfe wäre hier echt toll.“ Conti lachte immernoch vor sich hin, wurde vom Sarge auf der Schulter nach oben gehalten, und trennte mit seinem Bajonett den Fallschirm ab. Griz war es allerdings kein Stück peinlich. Entschlossen tastete er am Boden nach seinem Gewehr, lud es durch und bemerkte im groben Ton: „Suchen wir den Captain.“ Conti musste lächeln und fragte: „Grizzly, was' denn los? Sag bloß, du findest Krieg doch aufeinmal toll?“ Griz wank nur ab und lief voraus. Ein kurzes: „Kommt schon!“ zischte er ihnen noch zu, dann liefen sie weiter. Sarge Wood summte leise ein Lied vor sich hin, das er neulich noch zuhause hörte. Bis zu 3-1-3 war es noch ein ganzes Stück, und alle drei hofften, noch nicht auf Deutsche zu treffen. Sie wollten gemeinsam mit der Einheit diese Prüfung bestehen, ihren persönlichen Krieg anfangen. Und sie liefen. In Richtung 3-1-3.

 

Der Captain war schon lange gelandet, er und seine Teilgruppe warteten hinter einer Mauer. Ganz knapp, gerade mal auf Augenhöhe, sah er über die Mauer. Eine Patroullie der Deutschen. Weniger als 6 Mann, schätzte er. Ein paar kurze Handzeichen, und alle vier versammelten sich hinter der Mauer, luden ihre Gewehre durch und warteten auf das Zeichen vom Captain. Langsam hob der Captain seine Faust, und wartete. Als die feindlichen Soldaten schließlich näher kamen, hob er die Faust noch ein Stück. Sie waren nun nah genug dran. Aprubt ließ er die Faust fallen, und prompt fingen Wollgomate, Gibbs und Smithers an zu feuern. In nur ein paar Sekunden war alles vorbei. Sie schwangen sich über die Mauer, überprüften ob sie tot waren, und gingen dann weiter. Smithers fragte den Captain: „Sir, wo finden wir den Sarge und die anderen?“ Überlegt antwortete er: „Sie finden uns. 3-1-3, schon vergessen?“Smithers versank in seinen negativen Gedanken: „Und wenn sie ihre Karte verloren haben? Oder einen ihrer Männer?“ Der Captain hielt an, drehte sich um und sah Smithers an. Der Captain senkte sein Gewehr, und sprach ihm Mut zu: „Unsere Aufgabe ist es nicht, uns Gedanken zu machen. Unsere Aufgabe ist, diesen verdammten Krieg zu gewinnen.“ Er verstand, nickte und lief weiter, am Captain vorbei. Der Captain seufzte kurz, drehte sich wieder um und lief dem nächtlichen Horizont entgegen. Auch sie mussten einiges marschieren. Wollgomate hatte seine Pistole weggesteckt, seine Hände waren an den Rucksackschlaufen. Ja, dachte er sich, wir Sanis kriegen nur leichte Bewaffnung. Wir sind die, die unsere Kameraden retten, nicht die, die Feinde erschießen. Aber dafür waren wir auch die beliebtesten. Tief in Gedanken versunken marschierte er weiter. Gibbs setzte kurz sein Funkgerät ab, um seine Karte ablesen zu können. Er zückte einen Stift. Hier und dort machte er einige Markierungen, ausserdem zeichnete er den zurückgelegten Weg ein. Interessiert lunzte der Captain zur Spitze der Formation, wo Gibbs hockte. Kurz legte er einen Schritt zu, und hockte sich schließlich neben Gibbs. Dieser erschrak kurz, aber las ihm dann förmlich die Gedanken: „Ich zeichne nur den zurückgelegten Weg ein, Sir.“ Dieser nickte, und zeigte auf die Kreuze mit der A und B Markierung: „Wofür sind die?“ Leicht grinsend, aufgrund der Interesse des Captains, antwortete Gibbs: „Da sind Gruppe Able und Baker abgesprungen. Die sichern Cauquigny.“ Misstrauisch sah er mich an: „Woher wissen sie das?“ „Haben sie vorhin im Flugzeug durchgegeben. Hat nur kein anderer gehört, bei dem Motorkrach.“ Sagte Gibbs erklärend. Dem Captain erschien die Antwort vernünftig, er nickte und stand wieder auf. Gerade wollte er losgehen, doch dann drehte er sich nocheinmal um und fragte: „Wie weit ist es noch bis 3-1-3?“ „Ein Kilometer.“ Gab Gibbs knapp zurück. Der Captain reagierte nicht darauf, er ging wieder weiter. Gibbs schnallte sich sein Funkgerät wieder auf den Rücken und schloss sich den Dreien an. In einem normalen Tempo marschierten sie die Acker entlang. Oben kreisten immernoch einige Transporter, die ihre Springer wohl immernoch nicht rauslassen konnten. Und nochmal einige mehr wurden abgeschossen. Erschossen bevor man überhaupt gekämpft hat, dachte Wollgomate. Was für ein unehrenhafter Tod. Man hat nichteinmal die Chance, von einem Sanitäter gerettet zu werden. Und dann auch noch... plötzlich schrie Smithers aus Leibeskräften: „Panzerfahrzeug, Deckung!“ Alle warfen sich auf den Boden. Und sie warteten. Dann hielt der Panzerwagen auch noch an. Der Captain robbte seitlich zwischen die Männer und erkundigte sich flüsternd: „Kennt sich hier einer mit deutschen Fahrzeugen aus?“ Smithers schätzte nur grob: „SddKfz35. Das sind leichte Panzerwägen, die haben nichtmal Ketten. Aber ein 35er-Geschützturm.“ Wollgomate fügte fragend hinzu: „Also für Idioten – das Ding schießt uns zu Brei, hm?“ Smithers nickte abfällig: „So kann man's auch ausdrücken.“ Der Captain dachte stur nach. Er hatte keine Lust zu warten. Gibbs tippte aufeinmal Smithers an und staunte: „Sieh mal!“ Als auch der Captain hinsah, beobachtete er zwei amerikanische Soldaten, die auf den Panzer kletterten, die Luke öffneten und eine Grante hineinwarfen. Staunend sah er zu, wie der Geschützturm in große Teile zersprang. Als er sich wieder eingekriegt hatte, rief er laut in Richtung der Soldaten: „Thunder!“ Sie sahen sich um und antworteten: „Flash! Wo und wer sind sie?“ Der Captain hob die Hand und schrie: „Captain O'Ranald, 209te, Angel-Kompanie.“ Er lief zum Panzerwrack und schüttelte dem einen Soldaten die Hand. Die zwei Soldaten stellten sich ebenfalls vor: „Private First Class Hawk, 202te, Dog-Kompanie. Das neben mir ist Private Marlow.“ Der Captain nickte. Hawk fuhr fort: „Und irgendwo da hinten in den Büschen versteckt sich Corporal Neyson.“ Als sein Name genannt wurde, erhob sich ein Soldat aus einem der Büsche. Auf seiner Schulter trug er ein großes, schweres MG. So eines, das man auf drei Stelzen aufbauen musste. Die drei Dog-Gruppenmitglieder waren also eine MG-Mannschaft. Der Corporal trat vor, drückte Hawk das MG auf die Schulter, um die Hand vom Captain schütteln zu können: „Corporal Neyson. Die beiden kennen sie ja schon, Sir.“ Captain O'Ranald ließ seine Männer nun auch ein Stück vortreten und stellte sie grob vor: „Private Wollgomate, Pfc. Gibbs und Pfc. Smithers.“ Der Corporal salutierte kurz vor O'Ranald's Männern. Dann stellte der Captain die wichtigste Frage: „Wer ist ihr zuständiger Gruppenführer?“ Neyson sah kurz zu Boden und erklärte: „Wer war ihr zuständiger Gruppenführer trifft es hier eher, Sir. Sargeant Spares, er wurde im Fallschirm getroffen und starb. Der Rest ist irgendwo verstreut, wir sind gerade dabei, sie zu suchen. Wohin gehen sie?“ „Position 3-1-3. Dort treffen wir den Rest meiner Gruppe. Wir mussten uns beim Sprung aufteilen.“ „Verstehe“, meinte Neyson, „dann viel Glück. Wir suchen die Gruppe Able, bei denen können wir Schutz suchen.“ Der Captain dachte kurz nach und bot, als ob es selbstverständlich wäre, den Männern an: „Folgen sie mir und meinen Männern. Von 3-1-3 gelangen sie leichter nach Cauquigny.“ „In Ordnung.“, schloss sich Neyson an. Hawk übergab ihm wieder das stationäre MG und Hawk bestätigte: „Los geht’s.“ Ein kurzes Nicken vom Captain, und schon gingen sie weiter in Richtung 3-1-3. Stillschweigend und ins nichts der Gedanken vertieft, folgten sie dem Feldweg.

 

Conti lag mit dem Fernglas vor ihnen, blickte in Richtung eines Hauses. Griz umklammerte entschlossen sein Gewehr und hackte nach: „Und? Wieviele?“ Conti zählte nocheinmal durch: „Eins... Drei... Vier sind es.“ Wood nickte und gab förmlich die Erlaubnis: „Feuerbefehl.“ Dem ging Conti sofort nach, er verstaute sein Fernglas, nahm sein Springfield-Gewehr, klappte das Zweibein auf und legte das große Scharfschützengewehr auf der Mauer auf. Er sah durch das Visier, flüsterte kurz etwas vor sich hin. Dann holte er tief Luft und drückte ab. Schnell lud er nach und drückte nocheinmal ab. Nach kurzem reiben seiner Augen wiederholte er das ganze nocheinmal. Plötzlich zischte es neben ihm – Griz wurde der Helm vom Kopf geschossen. Sofort warf sich der Sarge neben ihn: „Griz, verdammte Scheiße! Bist du okay?“ Geschockt tastete Griz an seinem Kopf: „Ja... ich... glaube schon... es hat nur den Helm erwischt.“ Conti blickte sich nichteinmal um, er suchte den Schützen bereits. Während des hin- und herschwanken seines Gewehr warnte er die beiden anderen: „Das hat der niemals mit seinem Karabiner gemacht. Hier hockt irgendwo ein deutscher Scharfschütze. Haltet eure Köpfe unten.“ Conti durchforstete mit schnellen Blicken den ersten Stock. Doch dort war niemand. Im Dachgeschoss nahm er eine sprintende Silhouette war. Fies grinsend murmelte er vor sich hin: „Ja, ja... wechsel' nur schön deine Stellung, so krieg' ich dich besser ins Visier.“ Nach einigen Sekunden drückte er ab. Die Silhouette rollte noch die Treppe herunter, dann blieb sie leblos liegen. „Hab' ihn.“, informierte Conti die beiden. Wood half Griz auf, setzte ihm den Helm wieder auf, und fragte nocheinmal: „Wirklich alles okay?“ Griz nickte nur abwesend. Den Schock konnte er nicht leicht verarbeiten. Conti klappte das Scharfschützengewehr wieder ein und hockte sich neben Griz. Mit zusammengepressten Lippen sah er ihn an. Dann entschuldigte er sich: „Tut mir Leid, Mann. Den hätte ich sehen müssen.“ Er zog eine Zigarette und drückte sie Griz in die Hand. „Das beruhigt.“ Griz zündete sie abwesend an und begann zu rauchen, als täte er es schon sein Leben lang. Sie blieben noch einige Minuten sitzen, aber als Griz die Zigarette durchgeraucht hatte, standen sie wieder auf. Griz umklammerte wieder sein Gewehr: „Gehen wir.“ Und damit liefen sie wieder in Richtung 3-1-3. Wood begann diesmal nicht nur zu summen oder zu pfeifen, er sang das Lied vor sich hin. Es war immernoch Nacht, stockfinstere Nacht. Conti legte kurz einen Schritt zu und informierte den Sarge: „Sir, er wäre wegen mir beinahe draufgegangen.“ Wood wank nur ab. „Aber Sir, ich hätte ihn sehen müssen. Es war meine Schuld.“ Genervt schob Wood Conti vor sich: „Sie übernehmen die Spitze, und jetzt Ruhe.“ Aber Conti wollte das nicht wahrhaben. Er blieb stehen, drehte sich um und rief hinter zu Griz: „Nochmal – es tut mir leid.“ Griz salutierte vor ihm und ging weiter. Conti drehte sich wieder und lief weiterhin an der Spitze. Wood sang das Lied weiterhin.

 

Neyson, Marlow und Hawk wechselten sich immer mit dem tragen des MGs ab, auf Dauer konnte einem das noch die Schulter zertrümmern. Aber sie hielten das Tempo. Keiner sprach ein Wort, den Angel-Leuten fehlte die vertraute Stimmung. Nicht, das sie etwas gegen die Jungs von der Dog-Kompanie hatten, aber sie waren nunmal kein Teil ihrer eigenen Kompanie. Wollgomate begann eine Unterhaltung mit Smithers: „Sargeant Baker, mein Ausbilder, sagte mir mal, wenn du in den Krieg ziehst, hast du zwei Familien. Eine, die zuhause auf dich wartet, und Eine, mit der du in den Krieg ziehst. Wir sind Teil einer der größten Familien der Welt – der Armee. Da ist was dran, stimmt's?“ Smithers nickte nur. Ihm fiel ausser „Ja“ nichts anderes zu sagen ein. Das war bestimmt auch der Grund, warum sie so still waren. Die Jungs von der Dog waren zwar Brüder, aber unbekannte. Gibbs funkte gerade mit irgendeiner anderen Gruppe, er musste ständig lachen. Der Captain wollte Gibbs auffordern, auf laut zu stellen, aber als er ihn in so gelassener Stimmung sah, ließ er es bleiben. Auch dem Jungen war Entspannung vergönnt, solange er aufmerksam blieb. Und das tat er auch. Wie Marlow schielte er ab und zu durch sein Fernglas, um uns vorzeitig zu warnen. Hawk ging jetzt hin und wieder in Hocke, um sich von dem Gewicht der schweren Patronengurte des MGs, die er trug, zu erholen. Gerade als er sich ausruhte, blickte er durch sein Fernglas. Um sicher zu stellen, das er sich das nicht einbildete, sah er noch ein zweites Mal hindurch. Sofort eilte er zum hinteren Teil der Formation, zum Captain. Dieser wartete gespannt darauf, was Marlow zu sagen hatte. Panisch fing er an ihn zu informieren: „Da kommt ein ganzes Regiment auf uns zu!“ Der Captain hob seine Faust, und brüllte den dazugehörigen Befehl: „Alle Mann sofort halten!“ Alle blieben stehen und sahen verduzt den Captain an. Nur Gibbs lief in sein Funkgespräch vertieft weiter geradeaus. Genervt wies der Captain Smithers an: „Holen sie ihn zurück.“ Smithers sprintete voraus, hinter Gibbs her. Kurz packte er ihn am Arm und wies in hin: „Wir sollten alle schon vor 10 Metern halt machen. Zurück zum Captain, los.“ Gibbs war die Sache peinlich. So sank man schnell im Ansehen beim Captain. Schnell rannte er mit zurück. Der Captain fing gerade an, den Männern Anweisungen auszugeben: „Ihr habt die Klappschaufeln nicht umsonst dabei. Grabt euch ein, sodass ihr wenigstens bis zur Gürtellinie geschützt seid. Gilt aber nur für Hawk, Neyson und Wollgomate. Gibbs, Smithers... ihr beschützt die Gräben vor Flankenangriffen.. Und Marlow, sie suchen sich da drüben eine gute Stellung für das MG. Sie feuern, ich lade nach.“ Erstaunt darüber, das der Captain eine untergeordnete Rolle einnahm, sah er den Captain an: „Sie laden nach? Dafür ist eigentlich Private Marlow zuständig...“ „Nichts da. Ich bin Soldat, wie sie. Nur mein Arsch wird dem ihren bevorzugt. Ränge sind kein Ersatz für Erfahrung.“ Verständnisvoll nickte Marlow. Der Captain klatschte in die Hände und bemerkte zynisch: „Wären sie so freundlich, Gentleman?“ Alle fingen sich wieder, und begannen sich zu verschanzen. Wollgomate dachte über die Worte des Captains nach. Mein Arsch wird dem ihrem bevorzugt... Ränge ersetzen keine Erfahrung... so hatte er ihn noch nie reden hören. Aber das waren Soldaten. Sie verbargen ihre Gefühle, indem sie zum Kriegszyniker wurden. Ob es ihnen gefiel oder nicht, das war eine Art Instinkthandlung. In Ruhe ging Wollgomate seine Sanitäts-Werkzeuge durch, um sicherzustellen, einen Kameraden sofort retten zu können. Dann sah er den anderen bei der Arbeit zu. Er war nervös, das würde wohl sein heftigstes Gefecht werden, das er vor 3-1-3 erleben wird. Aber er fing sich, rauchte eine Zigarette und starrte zum Horizont. Und er wartete auf sie. Auf die Deutschen.

 

Sind wir endlich da?“, meckerte Griz. Sargeant Wood drehte sich gelassen um: „Nur mit der Ruhe. Wir sind schneller da, als du denkst.“ Griz stimmte wieder ein: „Aber meine verdammten Stiefel drücken so. Wenigstens eine Minute Pause, Sarge. Bitte.“ Wood blieb stehen, sah Griz in die Augen und benahm sich wie ein Offizier: „Weiterlaufen und Klappe halten.“ Wie ein eingeschnappter kleiner Junge verzog Griz das Gesicht und lief stur weiter. Er wollte nicht weiterlaufen, dachte er. Nur weil der Sarge das anordnet, musste er das nicht tun. Aber dann erinnerte er sich daran,... doch. Er musste es. Krieg. Soldaten. Befehlskette. Ja, die Befehlskette. Wood verzog merkwürdig das Gesicht und lauschte zum Horizont. Nach einigen Minuten nahm er wieder Geräusche wahr, aber konnte sie nicht deuten. Fahrzeuge? Infanterie? Oder vielleicht doch was ganz anderes? Er gab Griz und Conti die Anweisung, geduckt vorzurücken. Bloß keine Aufmerksamkeit erregen, dachte Wood. Conti sah durch sein Zielfernrohr. Er sah mehrere Männer, die Gruben buddelten. Ein Mann überwachte sie. Und ein Soldat mit MG auf der Schulter lief planlos umher. Wood sah, als sie näher kamen, dasselbe. Conti's Finger zappelte am Abzug. „Soll ich, Sir?“, zischte er Wood nervös zu. Wood überlegte. Plötzlich schrie einer der buddelnden Männer in ihre Richtung: „Sargeant Wood! Kommen sie rüber!“ Misstrauisch schrie er zurück: „Wer sind sie?“ Der Mann schrie erneut zurück: „Ich bin's! Gibbs!“ Griz musste auflachen und lief in ihre Richtung. Wood und Conti taten nach einer Zeit dasselbe. Sie schwangen sich in die angefangene Grube. Gibbs klopfte ihnen kurz auf die Schulter und rief dann den Captain: „Captain! Gruppe 2 ist da!“ Der Captain kam kurz zur Grube, schüttelte Wood die Hand und gab die Befehle gleich raus. Conti witzelte: „Um ein Haar hätt' ich euch umgelegt.“ Dann begannen Wood, Conti und Griz den anderen beim Graben zu helfen. Wood stupste Smithers an: „Wer sind denn die drei Typen da hinten?“ Smithers überlegte kurz wen er meinte, erinnerte sich dann aber doch an die verstreuten Kameraden: „Die gehören zur Dog. Haben sie bei 'nem Kampf gegen 'nen deutschen Schützenpanzer aufgeschnappt. Ihr Sargeant ist tot, und die suchen ihre anderen Kameraden, die sollten sich wahrscheinlich bei der Able und Baker treffen. Wir bringen sie bis dahin.“ Captain O'Ranald sah seinen Männer beim graben zu. Er dachte daran, wie er zuhause bei seinem kleinen Sohn saß. Seine Zeichnungen betrachtete. Der kleine Danny, ja. Er war sein ganzer Stolz. Da fiel ihm ein, das er ja eine der Zeichnungen bei sich trug. Ungeduldig nahm der Captain seinen Rucksack ab, kramte angespannt darin. Endlich fand er das Bild, und zog es vorsichtig, um es nicht einzureißen, aus dem Rucksack.


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