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Tunnelangst

 

Schon seit 2 Stunden bin ich mit A.J. in diesem Tunnel unterwegs. Langsam gingen wir vorwärts, die Taschenlampen immer geradeaus gerichtet. Ab und zu zischten wir uns gegenseitig zu, um zu sehen, ob der andere noch da war. Trotz aller Warnungen waren wir hier herunter gegangen, alle dort oben sagen, das hier unten übernatürliches am Werke sei. Unmenschliches, Grausames, das die Leute in den Wahnsinn treibt oder ganz und gar tötet. Gerade wollte ich A.J. nochmal zur Kontrolle zuzischen, als wir ein paar hundert Meter voraus ein Zischen wahrnahmen. Er signalisierte mir mit Handzeichen, das er vorausgehen würde. Schweigend und in die Tiefe horchend nickte ich ihm zu. Das Rascheln entwickelte sich zu einer Art Zischen. Misstrauisch blickte A.J. in den Tunnel. Plötzlich verstummte das Zischen wieder. A.J. zischte mir wieder zur Kontrolle zu. Doch genau in diesem Moment erklang das Zischen im Tunnel auch wieder, aber ein Echo war es keinesfalls. Ich presste meine Finger auf die Lippen, um A.J. zu symbolisieren er solle leise sein. Dreist blickend zischte ich in den Tunnel hinein. Das Zischen erwiderte nochmals. Ein verbündeter Kundschafter dachte ich mir, und deutete A.J. das Gewehr zu senken. Ich nahm das Gewehr hoch, und schwang mit der Taschenlampe fünf Kreise. Das war das ausgemachte Zeichen hier unten. Doch ich bekam keine Antwort. Nocheinmal zischte ich in Richtung des Geräuschs. Das Zischen kam wieder zurück. Jetzt begriff ich und symbolisierte A.J. er solle das Gewehr bereithalten. Irgendjemand… oder besser gesagt irgendetwas imitierte das Geräusch. Also flüsterte ich zum Test in den Tunnel: „Hallo?“ Was ich dann hörte, ließ mich schaudern. Unmenschlich, aber in einer Stimme kam zurück: „Hallo…“ Ich erschrak als ich feststellte, das das Geräusch keine 20 Meter entfernt war. Panisch schwankte ich das Gewehr mit der Taschenlampe umher, um die Quelle des Geräusches sehen zu können. Doch weit und breit war nichts zu sehen. Aus reiner Sicherheit zischte ich A.J. nocheinmal zu. Ich bekam keine Antwort. Vorsichtig ging ich ein paar Schritte nach rechts, dort wo er, meinem Gehör nach zu urteilen, sein letztes Zischen abgab. Ich leuchtete mit der Taschenlampe die Wand entlang. Aufeinmal sah ich A.J. da stehen, eng an die Wand gepresst, mit weit aufgerissenen Augen. Als er mich ansah, sagte er zuerst nichts. Doch dann begann er plötzlich aus allen Leibeskräften zu brüllen und zu weinen. Er stammelte wimmernd vor sich hin: „Ich… hab es gesehen, dieses… es verschleppt Menschen, grausam… es, es…“ Mit scharfem Blick hob ich mein Gewehr, und leuchtete mit der Taschenlampe in seine Augen. So kleine Pupillen sah ich noch nie. Plötzlich hielt A.J. sich am Kopf und schrie. Darauf brüllte er: „Raus aus meinem Kopf! Bitte, … bitte…“ und darauf folgten noch mehr Schreie. Flehend sah er mich an und bat: „Erschieß mich! Ich ertrage das nichtmehr!“ Mit Tränen in den Augen sah ich zu wie er sich quälte. Ich war wie erstarrt. Plötzlich richtete er sich auf, stand stramm da und gab keinen Laut von sich. Seine Pupillen und Iris waren plötzlich verschwunden. Seine Augen waren komplett weiß. Eiskalt und gefühlslos blickte er mich an und sagte: „Ich bin fort. Sie haben mich.“ Nocheinmal leuchtete ich mit der Taschenlampe in seine Augen. Er sprach ohne ein einziges mal zu blinzeln weiter: „Ich bin tot. Mich gibt es nichtmehr.“ Auf dieses Wort drehte er sich zur Seite und rannte in den Tunnel hinein. Er verschwand im Dunkeln, und einige hundert Meter weiter hörte ich nur noch einen Körper auf den Boden prallen. Ich zückte mein Fernglas, was eine eingebaute Nachtsichtfunktion hatte, und sah in die Richtung in die er gerannt war. Da lag seine Leiche auf dem Boden. Gerade wollte ich mein Fernglas wegstecken, als die Leiche plötzlich aufstand. Blitzartig drehte sich A.J. um. Oder besser gesagt sein Körper. Und mit seinen Hellweißen Augen sah er mich an. Direkt durch das Fernglas stellte er Augenkontakt her. Sein Gesicht verzog sich zu einem zornigem Lachen. Unmenschlich schnell rannte er auf mich zu. Panisch schreiend warf ich das Fernglas weg und fing an wild mit meinem Sturmgewehr um mich zu feuern. Als meine Munition leer war, leuchtete ich mit der Taschenlampe nocheinmal wild um mich. Er war verschwunden. So schnell ich konnte rannte ich Richtung Ausgang…

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