Caves - Tag 191

Tagebucheintrag 191

Es war Tag 191. Gestern mussten wir den Markt verlassen. Schade eigentlich, dort bekam man wenigstens etwas gutes zu Essen und die Gegend wurde beheizt. Nunja, wenigstens konnten wir uns ein paar Energiezellen für unsere Gewehre basteln, und Rationen hatten wir auch genügend. Wir konnten uns also wieder einige Wochen durchschlagen. An diesem Tag, 191, passierte allerdings etwas, womit wir nicht rechneten. Uns war zwar schon ziemlich viel Scheiße passiert, aber das übertraf alles. Es war dieser komische Typ am Ende des Tunnels, und diese… Dinger. Bevor wir ihn trafen war eigentlich alles ruhig…

 
Tag 191
Die Männer unterhielten sich nicht durch den Funk, den niemand hörte, da er nur in ihren Helmen hörbar war, sondern über die Lautsprecher vorne an ihrem Helm. Das war taktisch unklug, da das jeder von außen mithören konnte und der Tunnel ihre Stimmen natürlich widerhallen ließ. Doch die Truppe tat es in letzter Zeit öfters – irgendwann konnte man nämlich nichtmehr zwischen Funk und wahrer Stimme entscheiden. „Rock, von was redest du? Was haben sie dir denn für einen Schrott erzählt?“, hallte die tiefe, markante Stimme von Jugg durch den Tunnel. „Das ist kein Schrott, Jugg“, entgegnete Rock, „der klang ziemlich glaubwürdig. Was genaues hat er mir ja auch nicht gesteckt, aber jedenfalls ist diese Abzweigung hier gefährlich. Also ich bin dafür, das wir umkehren.“ Quinn’s Kopf, oder eher gesagt sein Helm, schüttelte er nur, wenn er die beiden reden hörte. Rock und Jugg bemerkten das garnichtmehr. Nur der Boss klopfte Quinn auf die Schulter seiner Panzerung: „Die blödeln doch nur rum. Einfach nicht hinhören.“ Man hörte Quinn durch seinen Helm durchatmen und er hob den Daumen. Boss nickte für sich selbst, denn das war die beste Reaktion die man kriegen konnte, da Quinn nicht gerne redete. „Jetzt lass es mal gut sein. Die Abzweigung ist nicht viel gefährlicher als jede andere. Und wenn was ist, dann meldet unser Display das schon. Wir haben diese Scheiße ja nicht umsonst entwickelt.“, diskutierte Jugg weiterhin. „Gut“, gab Rock eingeschnappt zurück, „aber wenn uns was passiert, ist es nicht meine Schuld!“ „Schon klar.“, schloss Jugg ab und schritt etwas weiter voraus. Boss gesellte sich neben Rock und erkundigte sich interessiert: „Wieso sollte diese Abzweigung denn so gefährlich sein?“ „Jetzt machen sie sich bloß nicht über mich lustig, Sir.“, gab Rock beleidigt zurück. „Leute, meine Sensoren schlagen Alarm!“, knackste plötzlich der Funk in den Helmen der Männer. Mit einem metallenen Klicken und einem dicht drauffolgenden Zischen hörte man, wie jeder seine Waffe entsicherte und scharf machte. „Haben deine Scanner schon was, Jugg?“, fragte Boss hektisch nach. Jugg meldete sich: „Ein Mann. 12 Uhr. Feuerbereit. Soll ich in wegpusten, Sir?“ „Nein. Ist er bewaffnet?“ „Schwer zu sagen, Sir. Aber mir gefällt das ganz und garnicht. Was macht ein einzelner Mann hier draussen?“ Boss ignorierte den spekulierten Satz am Ende und erkundigte sich weiter: „Entfernung?“ „Etwa 100 Meter, Sir.“ „Helmlampen aus und leise vorrücken. Feuerbereit halten.“ Alle gingen mit vorsichtigen und leichten Schritten den Tunnel entlang. Jeder hielt sein Gewehr im Anschlag, und keiner wagte es, ein Wort zu sagen. Selbst der abhörsichere Funk blieb still. Nach gefühlten Stunden standen sie endlich in Reichweite des Mannes. Dieser rührte sich jedoch nicht, und starrte die Männer mit einem leeren Gesichtsausdruck an. Rock sprach durch den Helmlautsprecher zu ihm: „Hallo?“ Der mysteriöse Mann legte seinen Finger auf die Lippen, und sprach in einer eigenartigen Weise zu den Männern: „Ssssh. Sonst weckt ihr sie noch auf.“ Über Funk warf Jugg in die Runde: „Was soll denn der Scheiß?“ Boss blieb sachlich und antwortete spekulativ: „Ist wohl hier draussen ein bisschen durchgedreht. Wäre nichts neues.“ Boss schritt ein wenig auf ihn zu, und sprach gelassen und auf der leisesten Stufe, die er für seinen Lautsprecher einstellen konnte, zu ihm: „Wir werden jetzt ganz langsam an ihnen vorbei gehen.“ Flüsternd entgegnete der Mann: „Das würde ich an eurer Stelle lassen. Ich stehe nur hier, um jeden zu warnen, das er umkehren sollte.“ Quinn zog sein kastenförmiges Nachtsichtfernglas von seinem Ausrüstungsgürtel und sah an dem seltsamen Mann vorbei in den Tunnel. Er entdeckte nichts, und drehte sich mit einem Schulterzucken und Kopfschütteln zu Boss. „Was ist dort?“, hackte Boss nach. „Geht jetzt.“, antwortete der Mann wie ein Tonband. Ohne seinen Lautsprecher vorher herunterzustufen, hackte Rock hitzig nach: „Was dort hinten ist, verdammt?!“ Ein ekelhaftes, unmenschliches Kreischen dröhnte vom Tunnel heraus zu den Männern vor. Sarkastisch bemerkte der Unbekannte: „Gut gemacht. Jetzt lauft!“ Plötzlich krachte der Tunnel laut auf. Jugg hatte den Mann erschossen. Direkt in den Kopf. Aus Quinn brach es plötzlich heraus: „Hast du sie noch alle?!“ Zynisch sprach Jugg im Gehen: „Hey, du kannst ja auch mal zur Abwechslung reden.“ Verärgert unterbrach Boss die Diskussion: „Verschiebt das auf später! Lauft!“ Im Tunnel hörte man eine ganze Armee rennen. Die vier schwer ausgerüsteten Männer begannen zu Laufen - in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Als sie einige Meter gelaufen waren, und sich das Rumpeln der Schritte hinter ihnen langsam entfernte, erteilte Boss Rock mit einem kurzen Wort einen Befehl: „Detonator!“ Überfordert versuchte Rock eine seiner Granaten aus dem Gürtel zu ziehen, während er immernoch um sein Leben rannte. Schließlich konnte er doch einen der runden Sprengkörper vom Gürtel lösen. Mit einem Brummen wurde der kleine Detonator scharf, und Rock warf ihn hinter sich in den Tunnel. „Volle Deckung!“, schrie Rock noch durch den Funk, als sich hinter ihnen ein Feuerball auftat und ein großer Abschnitt des Tunnels begann, einzustürzen. Als die herausgebrochenen Steine des Tunnels aufhörten zu Rumpeln, und die Schritte verstummten, ließen sich die Männer erschöpft auf den Boden fallen. „Alle Mann okay?“, sprach Boss im Funkkreis. Jeder der Vier meldete sich unverletzt, und allmählich rappelten sich alle wieder auf, und schritten den Tunnel weiter entlang, als seie nichts gewesen. Zurück zur Abzweigung. Das war Tag 191.