n-mueller-storys

Jupiter II

Gebb wischte sich den Schweiß von der Stirn. Schon seit 2 Stunden werkelte er an dem Waffensystem des Star-Jägers herum, aber einige Module waren wohl zu neu für dieses nostalgische Stück, was ihm Kopfschmerzen bereitete. Nicht, dass er noch sein Geld für unkompatible Erweiterungen und Modifikationen ausgegeben hatte. Doch schon eine Sekunde später hatte er eine ganz andere Sorge. Am Ende des Hangars surrte das Tor vom Gang, und jemand rief nach ihm:
"Trevor Gebb?"

"Wer will das wissen?", gab er zurück, mit der Hand bereit an seiner Pistole, die er neben dem Werkzeugkasten bereitgelegt hatte.
"Candric Qruotes, Captain der
Marina."
Gebbs Augen wurden groß. Er ließ die Waffe los, stieg die Leiter herunter und streckte dem Gast seine Hand entgegen. Neben dem Captain war noch ein junger Bursche, der ihm brav hinterherlief.
"War nicht einfach, sie zu finden.", bemerkte Candric.
"Tut mir Leid", gab Gebb zurück, "aber nun sind sie ja da. Wo soll ich anfangen? Ich würde ihnen ja einen Sitzplatz anbieten, aber hier in dem Hangar gibt es leider nicht so viele Sitzmöglichkeiten. Stellen sie mir am besten ihre Fragen, dann kann ich präzise sein."
Mit einem zustimmenden Nicken begann Captain Qruotes mit einer ersteinmal vorsichtigen Frage: "Woher wussten sie, dass mein Schiff angegriffen wird?"
Doch Gebb, der eben noch so selbstsicher wirkte, schluckte nun unauffällig. Aber schließlich riss er sich zu einer Antwort zusammen.
"Weil es ursprünglich mein Auftrag war."

Candric ballte eine Faust. So ein Abschaum, und mit dem unterhielt er sich auch noch. Doch Tiger tippte ihm auf die Schulter, offenbar merkte er, das Gebb gute Absichten hatte.
"Doch ich lehnte ihn ab", fuhr Trevor fort, "denn ich bin Soldat. Ich greife keine Zivilisten an. Das würde ich nie tun. Also habe ich den Befehl verweigert. Daraufhin wurde ich von meinen eigenen Männern zum Teufel gejagt – und sitze jetzt wie sie hier fest."
Auch, nachdem der Mann eine verständliche Erklärung abgeliefert hatte, war Candric wütend. Sein Schiff war zerstört worden, sein ganzer Stolz. Und dieser Kerl hatte das mit zu verantworten.
"Wieso wurden wir angegriffen?", platzte es unkontrolliert aus ihm heraus.
"Wegen ihrer Fracht, wie sie sich vermutlich schon denken können.", antwortete Trevor, "Den Inhalt haben sie vermutlich noch nicht in Augenschein genommen?"

Candric lachte unterdrückt. "Sie sind mir ein Witzbold. Wie denn, wenn dieser verschissene Container doppelt und dreifach verschlossen ist? Wissen sie, der Inhalt ist mir letztenendes recht egal. Klar, ich bin neugierig, aber mir ging es wirklich nur darum, ihn zu seinem Ziel zu bringen."

Gebb nickte verständnisvoll.
"Diese Sachlichkeit ist gut. Vorallem für den Kapitän eines Frachters. Aber in diesem Falle ist es gut, dass die Fracht nicht den Empfänger erreicht hat. Das hätte uns alle ins Verderben gestürzt.", entgegnete er sofort.

"Wieso", warf Tiger ein, "was ist denn in dem Container?"

 

Narrems Fuß wippte unaufhörlich auf und ab. Die Krankenschwester, die vor ihm am Schalter saß, sah ihn beeindruckt und freundlich an – vermutlich wegen seiner Uniform. Er wartete nun schon seit fast einer halben Stunde hier. Natürlich, er hätte keinen Grund, hier aufzutauchen, aber trotzdem – eine bessere Idee hatte er nicht, um den Typen von dem Frachter zu finden. Schließlich stand die Krankenschwester tatsächlich auf und deutete ihm, ihr zu folgen. Narrem schritt ihr sofort hinterher, und wurde in eines der Krankenzimmer geführt. Es war ein Zwei-Betten-Zimmer, wie er es aus jedem Krankenhaus kannte. Das eine Bett war leer, im anderen Bett lag eine hübsche, junge Frau. Sie hatte die Augen geschlossen, und lag bewegungslos auf der Matratze. Ihre Haare waren schwarz, jedoch vorne mit einigen grünen Strähnen gespickt. Ihr Bauch bewegte sich auf und ab mit jedem Atemzug, und sie tippte mit ihren Fingern in einem merkwürdigen Takt.
"Entschuldigen sie?", sprach Narrem sie vorsichtig an.
Doch die junge Frau reagierte nicht. Mit leichtfüßigen Schritten trat er weiter an das Krankenbett heran, und tippe sie an. Sie zuckte auf, und sah Narrem erschrocken an. Als sie seine Uniform sah, glätteten sich jedoch ihre Wogen. Schließlich griff sie sich ins Ohr, und zog einen Kopfhörer heraus – Narrem kam sich dumm vor. Sie hatte Musik gehört, deshalb hatte sie ihn nicht gehört.
"Ich bin Officer Kgro. Sie sind die Kommunikationsoffizierin der
Marina, richtig?", erkundigte er sich.
"Synthia Eryx.", gab sie freundlich zurück. Narrem lächelte sie an.

"Wo ist ihr Captain?"

"Ähm, der sucht diesen Typen namens Gebb. Der uns angefunkt hat, vor dem Angriff."

"Verstehe. Denken sie, ich erwische ihn noch, bevor er hier wegfliegt?"

Synthia lachte leise, und streckte ihren Kopf näher zu Narrem.
"Ohne mich", sie deutete auf sich selbst, "fliegt der hier nicht weg. Warten sie doch einfach hier. Gesellschaft wäre echt toll."
Eigentlich wollte er ablehnen, doch Narrem sah sich aus zwei Gründen gezwungen, hier zu warten. Erstens – diese Frau erschien ihm nett. Zweitens – diesen General und den Captain zu finden, auf einer Station, die er selbst nicht kannte, erschien ihm zwecklos. Er setzte sich, und begann mit einer Mischung aus Langeweile und Freundlichkeit ein Gespräch mit ihr.

 

Der kleine Trupp von Männern, bestehend aus General Gebb, Candric und seinem neuen Laufburschen Tiger, hatte sich vor dem Container in dem Hangar versammelt, in dem das kleine Begleitschiff der Marina stand. Gebb stand an dem Container, hatte einen Werkzeugkasten zu seinen Füßen, und tippe mit einem konzentrierten Gesicht auf der Konsole herum, während er sein Vorgehen erklärte:
"Dieser Mechanismus ist lediglich digital gesichert. Sobald ich es geschafft habe, den Freigabecode irgendwie zu knacken, wird es mir ein leichtes sein, die Tür aufzubrechen. Jedoch sollten sie sich, falls sie vorhaben, den Container mitzunehmen, eine neue Art zum Verschlüsseln überlegen. Der Inhalt darf unter keinen Umständen in die falschen Hände geraten."

Ungeduldig sah Candric ihm zu und wippte mit dem Fuß. Warum musste Tiger auch nach dem Inhalt fragen? Sie hätten sich einfach die wichtigsten Fragen beantworten lassen und den Container zur Erde bringen können. Doch nun standen sie hier, sahen einem unbekannten, und nach Candrics Meinung nicht vertrauenswürdigem Mann dabei zu, wie er einen Teil seines vor wenigen Stunden unterschriebenen Lieferabkommens brach. Innerlich fluchte Candric. Sein Schiff war weg, und den Urlaub auf der Erde konnte er auch getrost streichen, da er nun keinen einzigen Geldschein für seine Mühen sehen würde. Wer auch immer ihn angegriffen hatte, er verfluchte sie.

Mit einem bestätigenden Piepton meldete die Konsole, dass sie nun eine Öffnung autorisierte. Mit einem leicht zufriedenen Lächeln zückte Trevor eine elektrisch betriebene Greifzange, die er schloss und zwischen die beiden Türen des Containers klemmte. Als sie anschlug, betätigte er den Knopf zum öffnen, und die Türen bersteten einige Zentimeter auseinander.
"He, Kleiner", sprach er über seine Schulter Tiger an, "hilf' mir mal. Schnapp dir was, womit du die Türen aufstemmen kannst."

Gesagt, getan, und Tiger rückte mit einer etwas längeren Eisenstange an, die er auf dem Boden des Hangars gefunden hatte. Mit Mühe schob er den Stab an die Fläche einer der beiden Türen, worauf er begann, sie mit Gegendruck auf die andere Tür zu öffnen. Mit einem scharfen Quietschen, wie man es von Containern gewohnt war, schwangen die Türen auf und enthüllten den Inhalt. Candric stand mit verschränkten Armen davor, und setzte ein etwas verwirrtes, aber grimmiges Gesicht auf. Tiger ließ mit einem erleichternden Laut den Stab fallen, gesellte sich zu seinem Captain und starrte mit den Händen an der Hüfte Gebb an, der sich über den Inhalt sehr zufrieden zeigte und in den Container hineintrat. Er nahm aus einer der vielen Kisten einen großen Plan, der an eine Blaupause erinnerte, in die Hand, und blickte Candric an.
"Was ich hier in meiner Hand halte, ist die Bauanleitung für eine leistungsfähige, intelligente Lebensform.", sprach er mit einem beeindruckten, aber auch eingeschüchterten Gesichtsausdruck.
"Langsam", meinte Candric, "sie wollen sagen, dass es hier um die Züchtung von Menschen geht?"
"Nicht ganz."
"Roboter?", warf Tiger ein.
"Der treffende Begriff wäre Androiden, aber ja. Sie wurden nur zu einem Zweck entworfen – Kanonenfutter für Kriege zu liefern, die von der Erde aus geführt werden. Später sollen sie sogar die gesamte Armee ablösen."

Candric jedoch war von dieser Aussage nur halb so begeistert wie Tiger, und warf sachlich sofort einige Sätze zurück.
"Und wieso sind sie so versessen darauf, und das zu erzählen? Ausserdem – woher wissen sie da so genau Bescheid, hm?"
"Ich war nie wirklich geneigt, ihnen das zu erzählen, Captain Qruotes. Ihr netter Adjutant hat mich gefragt, und ich war mir sicher, dass es doch ein wenig von Interesse für sie ist, was sie da durch die Gegend geschippert haben oder noch werden."

Die beiden sahen sich misstrauisch an. Tiger stand hilflos daneben, und ahnte schlimmes. Es erschien ihm einerseits sehr nett, dass Trebb ihnen half, aber andererseits konnte er seinen Captain nur zu gut verstehen. Sie wussten nichts über diesen Mann. Und das könnte den beiden zum Verhängnis werden, wenn sie nicht aufpassten.

"Sie haben meine zweite Frage nicht beantwortet, General. Woher wissen sie über diese Pläne so gut Bescheid?"
Trebb schluckte. Er musste den beiden offensichtlich alles erzählen. Nicht nur, dass er so riskierte, aufzufliegen, sondern müsste er vermutlich für seine Taten gerade stehen, und das war bei denen, die er vollbracht hatte, nicht sehr einfach. Seine Gedanken kämpften innerlich. Seine militärische Ausbildung und sein eigenes Gewissen rissen ihn ihn Stücke, denn er wollte den beiden Männern, die nun ohne Schiff waren, helfen. Doch ebenso wollte er sich nicht offenbaren, um ihnen zu zeigen, was er für gravierende Fehler begangen hatte. Aber das Schicksal ließ ihm wohl keine Wahl – er musste den Captain und seinen Laufburschen einweihen.

 

Narrem lag quer auf den beiden Stühlen, die im Krankenzimmer standen. Seine Uniform hatte er mittlerweile ausgezogen und in seine Tasche gestopft – in dem beheizten Krankenzimmer reicht ihm sein Oberteil und seine Jeans, die er sowieso trug. Er starrte an die Decke und tippelte mit seinen Finger in einem rhytmischen Takt an die Wand, während er den Erzählungen der Offizierin lauschte, die wesentlich mehr erlebt hatte, als Narrem ihr zurtraute.
"... und dann hat Candric tatsächlich das Schiff geflogen, ohne einen einzigen Kratzer. Das müssen sie sich mal vorstellen! Durch den Asteroidengrütel des Saturns, da würde ihnen jeder Militärflieger den Vogel zeigen. Er gibt sich immer als Kommandeur, doch wenn er am Steuerpult sitzt, sehe ich, dass er viel lieber selbst fliegt. Dafür ist er nunmal geboren."
"Sagen sie", warf Narrem ohne nennenswerten Zusammenhang ein, "sie reden von ihrem Captain ja in den höchsten Tönen. Sie verehren ihn ja geradezu. Sind sie mit ihm liiert?"
Leicht irritiert raffte die Offizierin sich für eine Antwort zusammen.
"Nein. Nein, bin ich nicht. Er ist für mich jedoch wie ein Vater. Wir arbeiten schon ewig zusammen. Doch soetwas wie Liebe, ich meine intime Liebe, könnte ich für ihn nicht aufbringen. Ehrlich gesagt kann ich das für niemanden. Mir ist mein Beruf viel wichtiger."

Akzeptierend nickte Narrem. Klare Frage, klare Antwort. Aber da wollte er doch noch einmal nachhacken.
"Nun, ihr Beruf ist gerade jedoch sehr in der Schwebe."
"Wie meinen sie das?", gab Synthia zurück.
"Ihr Arbeitsplatz war die Marina, richtig? Die ist nun ein Trümmerhaufen."

"Candric wird sich schon was einfallen lassen. Er kann genausowenig ohne das Fliegen, wie ich. Doch einmal zu ihnen. Was wollen sie von meinem Captain?"
"Ehrlich gesagt würde ich sie gerne auf ihrer weiteren Reise begleiten. Zu einem Teil aus Eigeninteresse, zum anderen Teil aus... beruflichen Pflichten, wenn man so will."

Erstaunt über den letzten Teil, neigte Synthia respektvoll ihren Kopf nach vorn.
"So", bemerkte sie, "berufliche Pflichten? Wollen sie uns etwa ausspionieren?"

Narrem drehte seinen Kopf so, dass er ihr in die Augen sehen konnte, und lächelte auf.
"Das trifft es nicht wirklich. Ich kann meine Arbeit quasi woanders hinverlegen. Ihre Crew als Operationsbasis benutzen."

Mittlerweile sehr interessiert an Narrem, drehte sie sich auf dem Krankenbett mit dem gesamten Körper in seine Richtung, und stützte ihren Kopf.
"Das klingt mir nicht sehr einleuchtend. Erklären sie es mir."
"Wenn ich unter den Leuten bin, die ich beruflich beschützen muss, kann ich sie natürlich besser beschützen, wenn ich bei ihnen bin."

"Verstehe.", entgegnete sie.

Narrem drehte seinen Kopf nach einem Moment des Schweigens wieder zur Decke, doch Synthia starrte ihn weiter an. Im Raum war es nun still, keiner erzählte mehr etwas, aber keiner der beiden schien sich daran zu stören.

 

Die Gruppe von Männern hatte dank Gebbs Handwerkskenntnissen den Container wieder verschließen können, und hatte sich nun, da Gebb etwas wichtiges zu bereden hatte, wieder in dem Diner des Hangarbereichs versammelt. Candric und der General saßen sich gegenüber, während Tiger im Hintergrund stand, und so tat, als würde er die beiden bewachen.

"Ich sage es gleich voraus", begann Gebb mit seiner Erklärung, "sie werden nicht beigeistert sein, über das, was ich ihnen erzählen werde."
Candric neigte seinen Kopf zum Zeichen der Ironie.
"Ach", stieß er hervor, "was sie nicht sagen."
"Mein Name ist Trevor Gebb. Ich bin ein General und Flottenkommandeur der föderalen Armee der Mondkolonie. Oder, mittlerweile muss ich zu meinem Bedauern sagen, dass ich das war. Meine Auftraggeber verlangten, dass ich ihr Schiff mitsamt seiner Fracht zerstören würde. Das tat ich jedoch nicht, wie sie wissen, sondern gab allein zu ihren Gunsten meine Dienste als General auf. Ich verlor meinen Rang, meine Männer und meinen Beruf. Ich wünschte, die Geschichte wäre hier vorbei, jedoch... ist es wesentlich verstrickter, als sie denken."
Candric hob seine Hand, und unterbrach den General. Er wank Tiger zu sich, der sich sofort wie ein professioneller Leibwächter zu ihm neigte, und sich von Candric eine Anweisung ins Ohr flüstern ließ. Mit einem Nicken verschwand Tiger aus dem Diner, und Candric gestattete dem General, weiterzusprechen.

"Wie sie wissen", fuhr er fort, "befindet sich die Mondföderation mit der Erde im Krieg. Es geht um die Unabhängigkeit voneinander. Die Föderation sieht nicht ein, ihre Ressourcen an die Erde abzutreten, doch die Erde will genau das weiterhin. Somit brach ein Konflikt aus. Meine Auftraggeber verfolgten – und tun es wahrscheinlich immer noch – diesen Konflikt mit großem Interesse. Sie förderten mich, gaben mir unendlich viele Männer zum ausbilden und eine Anzahl von Kampfschiffen, die sich garnicht zählen können. Als Gegenzug verlangten sie jedoch – nun, den Teil kennen sie. Die Zerstörung ihrer Fracht. Ich lehnte ab, und zahlte den Preis."

Ruhig dachte Candric über diese Geschichte nach. Zumindest war er dem Mann nun nicht mehr so abgeneigt, wie er es vorhin noch war. Er hatte gute Gründe für sein Handeln. Jedoch war ihm eins klar, der General musste noch mehr Dreck am stecken haben. Nachdenklich und schon fast zuvorkommend stellte er ihm eine Frage.
"Und was wollen sie nun nach all dem unternehmen?"
"Da meinen Feinden jede erdenkliche Möglichkeit freisteht, mich umbringen zu lassen, muss ich hier weg. Auf einen Planeten, der unabhängig und unwichtig genug ist, mir Sicherheit zu bieten."
"Woran dachten sie?", hackte Captain Qruotes nach.
"Die Uranusstation."
Mit einem unterdrückten Lachen verarbeitete Candric die Antwort, um gleich ein Widerwort einzulegen.
"Vergessen sie's. Dort hat sich einiges geändert. Die Station ist eine Piratenhochburg. Ich und sämtliche anderen Frachterkapitäne, die ich kenne, umfliegen sie immer so weit es geht. Wenn sie schon ohne vernünftigen Grund umgebracht werden wollen, werden sie's dort am ehesten."

Zweifelnd dachte Trevor über diese Worte nach. Aber warum sollte der Captain ihn anlügen – aus ihm sprach waschechte Pilotenerfahrung. Er kam mehr rum im Universum als jeder andere. Dahingehend war er mehr als vertrauenswürdig. Candric lehnte sich nach vorn.
"Ich mache ihnen ein Angebot.", meinte er, mit einem gewissen Funkeln in den Augen.

 

Synthia war damit beschäftigt, nun Narrems Erzählungen zuzuhören. Über seine ganzen Einsätze in der Dienstzeit bei der Space Division, über seinen mittlerweile verstorbenen Partner, und viel mehr, dass in ihr eine Abenteuerlust weckte, wie noch nie zuvor. Nach einiger Zeit jedoch klopfte es an der Tür. Narrem unterbrach sein Schwelgen in Erinnerungen, und öffnete sie. Vor ihm stand ein junger Kerl, mit einer zerzausten Kurzhaarfrisur und einem beschämten Gesichtsausdruck, als er ihm gegenüberstand.
"Bin ich am falschen Zimmer?", erkundigte er sich vorsichtig.
Narrem verschränkte die Arme und lehnte sich in den Türrahmen.
"Kommt ganz drauf an, wohin sie wollten."

"Die Kommunikationsoffizierin der Marina.", platzte es nervös aus Tiger heraus. "Ich bin hier, um sie abzuholen."

Narrem trat mit einem überlegenen Lächeln zur Seite, und der unsichere Besucher trat ein. Synthia starrte ihn fragend an, doch bevor sie eine Frage aussprechen konnte, begann dieser schon, sich zu erklären.
"Captain Qruotes schickt mich. Sie sollen ihn in dem Diner im Hangarbereich treffen. Ich soll sie dort hin begleiten."
Narrem schob den Jungen ignorant beiseite, und erkundigte sich zu Tigers Überraschung in einem sehr netten Tonfall bei ihr: "Können sie laufen?"
"Natürlich", gab sie zurück, "ich fand das Bett nur so bequem."
Was Tiger noch eben für einen schlechten Scherz hielt, stellte sich als Wahrheit heraus. Die Offizierin stand auf, und schritt ohne irgendwelche Beschwerden auf ihn zu.
"Können wir?", fragte sie.

Mit einem untergebenen Nicken ging Tiger vorraus, Narrem und Synthia folgten ihm, aber liefen nebeneinander her. Nervös wurden sie von dem Laufburschen geleitet, der jedoch zielsicher in Richtung der Hangars lief. In seinem Inneren hoffte Narrem, endlich den Captain der Marina zu treffen. Sie passierten einige Piloten, die von ihren Flügen eine Auszeit nahmen, während sie auch hin und wieder einige überholten, die offenbar zu spät dran waren – oder es sonst irgendwie eilig hatten. Auch, wenn diese eintönigen Wege nichts besonderes hatten, dass man als sehenswert erachten könnte, genoss er den Anblick der Technik und der Menschen. In regelmäßigen Abständen waren Kommunikationsstationen, vergleichbar mit Münztelefonen, platziert worden. Ausserdem hatten einige wenige Händler ihren Stand in diesem Teil der Station platziert, nicht auf dem Markt. Einfach, um die Chance zu haben, Leute aus der eher kleineren Menge hier abgreifen zu können. Gelegentlich passierten sie auch einige Mechaniker, sowie Sicherheitskräfte der Station. Narrem wunderte sich zuerst, warum sie ihn alle ignorierten, doch dann fiel ihm ein, dass er seine Uniform nicht trug. Er war es schon beinahe gewohnt, dass jede Bodentruppe vor ihm salutierte. Die Space Division Officer genossen ein hohes Ansehen.
Im Diner angekommen versammelte sich die kleine Gruppe um den Tisch, an dem Captain Qruotes und General Gebb saßen. Das Gespräch war noch in vollem Gange, also ermahnte Tiger sie professionell mit einem Handzeichen zur Ruhe.
"Ich fasse zusammen", verhandelte Candric, "sie begleiten mich auf meiner weiteren Reise, da mir ihr militärisches Wissen durchaus von Nutzen sein könnte. Im Gegenzug erhalten sie von mir eine Bezahlung, eine Unterkunft auf meinem Schiff und vorallem Schutz vor den Killern der Typen, die sie suchen."
Gebb strich sich mit zwei Fingern am Kinn, eine Geste des Nachdenkens. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als sich dem Captain anzuschließen. Jedoch fielen ihm sofort die positiven Seiten des Abkommens ein – Qruotes war für ihn definitiv eine Autorität, er wirkte auf ihn sehr erfahren und professionell. Zugleich jedoch wie ein Schurke, aber trotzdem ein ziemlich cooler Typ. Eigentlich das, was er sich selbst immer als Anführer wünschte. Entschlossen streckte er ihm die Hand entgegen, und als er begann zu sprechen, schüttelte Candric seine Hand bereits.
"Abgemacht.", entgegnete er noch nachträglich.

Nachdem Candric sich aus dem Händedruck gelöst hatte, stand er ersteinmal auf und sah Synthia mit einem leichten, für seine Verhältnisse jedoch großem Lächeln an.

"Synthia", begrüßte er sie, "ein Glück, dass du wieder wohlauf bist."
Mit einem freundlichen Nicken grüßte sie zurück, ließ Narrem jedoch sofort vortreten, der sogleich sein Anliegen vorbrachte.
"Captain Qruotes?", erkundigte er sich zunächst. Mit einem respektvollen Nicken bestätigte er seine Identität, und Narrem sprach weiter. "Mein Name ist Narrem Kgro. Ich bin Space Division Officer, und bin auf eigenmächtigem Auftrag unterwegs. Falls sie nichts dagegen haben, würde ich mich gerne ihrer Crew anschließen und meine Dienste zu ihrer Verfügung stellen – eine Bezahlung oder ähnliches verlange ich nicht. Notfalls schlafe ich auch in dem Korridor ihres Schiffes, wenn es sein muss."

Candric musste über die letzte Bemerkung schmunzeln. Ein wenig erinnerte der Officer ihn an sich selbst. Allein schon aus Respekt gegenüber der Division bejahte er die Forderung sofort: "Natürlich, sie sind mir ein willkommener Gast. Dies hier um mich herum ist meine Crew. Meine Kommunikationsoffizierin, Synthia Eryx, haben sie ja schon kennegelernt. Mein jüngstes Crewmitglied, aber auch zugleich mein Adjutant, ist Tiger – der junge Bursche, der sie abgeholt hat. Und hier gegenüber sitzt mein... sagen wir, persönlicher Berater, General Trevor Gebb."
Narrem sah beeindruckt zu dem Mann. Er salutierte kurz vor ihm.
"Ich habe von ihnen und ihren Schlachten gehört", bemerkte er, "meinen größten Respekt für sie und ihre Männer."
Dankend nickte der General, während er die Hand kurz entgegennahm. Zeit, ihm das mit seinem inoffiziellen Rücktritt zu erklären, hatte er ja genug, wenn sie noch zusammen fliegen würden. Candric jedoch schaltete sich gleich wieder ein.
"Wir haben nur ein Problem. Es ist schön, dass unsere Gruppe nun vollständig ist, und wir sind genügend Leute, um einen kleinen Frachter zu bemannen, mit dem wir den Container hier wegbringen können. Problem ist nur – wir haben kein Schiff zum bemannen. Ich und Synthia sind mit einem kleinen Begleitschiff der
Avenger-Klasse gekommen, General Trebb mit seinem alten Star-Jäger. Aber das reicht bei weitem nicht für uns Fünf. Ausserdem brauchen wir einen Frachtraum für den Container."

Narrem äusserte gleich eine Lösung zu dem Problem. Das die Marina zerstört war, hatte er bedacht, und schon eingeplant.
"Ach, ich kann ihnen da aushelfen."

Entschlossen lief Narrem aus dem Diner, seine Gefährten folgten ihm. Bald würden sie die Jupiterstation verlassen – und würden sich überlegen, was sie nun zutun hatten.

Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden